Tom Beyer

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Deutungsmacht in Europa: Das mythische Defizit der Europäischen Union im Kontext des politischen Mythos in der Spätmoderne

Die Europäische Union weist gegenwärtig ein mythisches Defizit auf, welches letztlich mitverantwortlich ist, für die oft beschriebene mangelnde Nähe des europäischen Integrationsprozesses zum Bürger und die legitimatorischen Engpässe, die damit einhergehen. Auf der Ebene des politischen Mythos stellt man heute schwächer werdende nationale Monomythen, aufsteigende spätmoderne Großerzählungen (insbesondere der Globalisierungsmythos) und die zunehmende Verbreitung Mythen mittlerer und kleinerer Reichweite fest. In diesem Kontext ist „Europa“ Gegenstand unterschiedlicher Deutungen; das heißt mythische Narrationen verschiedener Akteure konkurrieren in einem Deutungsmachtkonflikt.

Die Dissertation zielt darauf ab mythische Narrationen zur europäischen Einigung und ihre jeweilige Akzeptanz zu untersuchen. Mithilfe diverser Quellen, wie zum Beispiel Medientexten und Reden (sowohl nationaler als auch europäischer Akteure) oder dem neu konzipierten „Haus der Europäischen Geschichte“ sollen die entsprechenden Narrationen diskursanalytisch herausgearbeitet werden. Der zeitliche Fokus der Dissertation liegt hauptsächlich auf der jüngeren Vergangenheit, seit der EU-Osterweiterung, wodurch auch der Einfluss der osteuropäischen Nationen auf die Integrations-Narrative verstärkt thematisiert werden kann.

Zeitgleich zu dieser Untersuchung spezieller Mythen soll die EU generell als gegenwartsnahes und gesellschaftspolitisch relevantes Fallbeispiel dienen, um die allgemeine Veränderung des politischen Mythos in der Spätmoderne – wie die komplexer werdende „Arbeit am Mythos“ (Blumenberg) und die zunehmende Deutungspluralität - zu erforschen. Im Hinblick darauf ist auch die Rolle der Ideologie und ihr Verhältnis zum spätmodernen politischen Mythos interessant, da die Narrative der europäischen Integration sowohl fürs linke wie auch rechte Spektrum anschlussfähig sind – selbstverständlich verbunden mit oft unterschiedlichen Deutungen.